Vergessen und verdrängt
30.06.11
„Die Kunst im Kommunismus“ - eine Ausstellung des Kronstädter Kunstmuseums
Für gut zwei Monate (bis zum 10. Juli) wurden ältere Gemälde, Grafiken und einige Skulpturen aus den Lagerräumen des Kronstädter Kunstmuseum herausgeholt und ausgestellt. Nachher werden sie wieder hinter Schloss und Riegel verwahrt. Sie gehören nicht zu den Museums-Sehenswürdigkeiten und für sie gibt es so gut wie keine Nachfrage. Alle sind sie in den Jahren der kommunistischen Herrschaft in Rumänien entstanden – es war „die offizielle Kunst“, so wie sie die Partei-Ideologie erwartete.
Die Ausstellungskuratoren Radu Popica und Anca Maria Zamfir weisen darauf hin, dass sie mit dieser Ausstellung eine Etappe in der rumänischen Kunstgeschichte illustrieren wollten, ohne damit irgendwelche moralische Werturteile zu verbinden. Die Werke gehören zum Schaffen bekannter und weniger bekannter Künstler. Sie sind ein Teil nicht nur ihrer Biographien sondern illustrieren auch unsere jüngere Geschichte.
Wer als Künstler vor allem in den ersten Nachkriegs- und in den 1950er Jahren aber auch später überleben wollte, musste Kompromisse eingehen. Ansonsten konnte es Schwierigkeiten mit dem Regime geben – von dem Beschaffen von Farben, Malutensilien, der Sicherung einer Werkstatt und von Aufträgen bis zu Berufsverbot. Hinzu kommt, dass einige Künstler schon durch ihre offiziellen Ausstellungen in der Zwischenkriegszeit, von den Parteifunktionären als suspekt und nicht dem neuen Regime treu ergeben eingestuft wurden.
Die ausgestellten Werke behandeln vorgegebene Themen so wie sie der Parteipropaganda genehm waren. Baustellen, Helden der Arbeiterklasse an ihrem Arbeitsplatz, geballte Fäuste auf Werkzeuge, entschlossene Haltung,markante Gesichtszüge, kühn in die Zukunft blickende Figuren, wehende rote Fahnen, gemeinsames Ernten in den Kollektivwirtschaften, Freude über die Elektrifizierung, Pioniere mit roten Halstüchern, Aufmärsche an den Staatsfeiertagen, Porträts von Lenin, Ilie Pintilie, später selbstverständlich von Ceausescu in verschiedenen Varianten (mit Bauern, als „Illegalist“ im bürgerlichen Rumänien, umgeben von Menschenmassen die ihm zujubeln, mit dem Donaukanal im Hintergrund). In jenen Jahren wirkten auch bedeutende Maler weiter (z.B. Hans Mattis Teutsch, Hermann Morres, Friedrich Bömches, Eftimie Modâlca, Hans Eder, Gustav Kollar, Karl Hübner, Stefan Mironescu und viele andere). Mit Gemälden in denen sozialistische Erfolge dargestellt wurden, erfüllten sie „ihre Pflicht“, um zu zeigen, dass sie die gesellschaftlichen Wandlungen anerkennen und akzeptieren, dass auch sie ihren Beitrag für Sozialismus, Frieden in der Welt, Verbrüderung der sozialen Klassen und der mitwohnenden Nationalitäten bringen. Die offizielle Kunst, gemäß den Prinzipien des sozialistischen Realismus, sollte die neue Gesellschaft verherrlichen und hatte primär eine erzieherische, agitatorische Funktion.
Landschaften, Porträts (außer Helden und Vorzeige-Kommunisten) sind in der Ausstellung nicht vertreten, schon gar nicht abstrakte Malerei oder religiöse Symbole. Modernismus und Avantgarde waren Schlagwörter mit denen Künstler eher als wirklichkeitsfremde und rückständige Elemente angegriffen wurden.
Diese und weitere Details erfährt man aus dem begleitenden Ausstellungskatalog der beim Kunstmuseum für 25 Lei gekauft werden kann. Für nur 3 Lei kann man die Ausstellung besichtigen und dabei eine Zeitreise in vergangene Jahrzehnte machen. Nostalgie wird wohl kaum aufkommen, eher Verwunderung und Bedauern, dass in Zeiten der Diktatur Kunst und Begabung großer Maler missbraucht wurden.
Ralf Sudrigian
Eine Ausstellung mit Werken von denen man heute Abstand nimmt.
Foto: Kunstmuseum Kronstadt
Die Kronstädter Wochenschrift "Karpatenrundschau" erscheint als Beilage in der "Allgemeinen Deutschen Zeitung für Rumänien".
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Redaktuere:Ralf Sudrigian, Hans Butmaloiu, Christine Chiriac (Redakteurin, 2009-2014), Dieter Drotleff (Redaktionsleiter 1989 - 2007)
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