Verhängnisvolle Gleichschaltung
24.03.11
Umfassende Forschungsarbeit über die deutsche Minderheit in Rumänien in den Jahren 1941-1944
Der im Europäischen Verlag der Wissenschaften, Frankfurt a.M. im Jahre 2003 erschienene Band „Die Gleichschaltung der Deutschen Volksgruppe in Rumänien und das 'Dritte Reich' 1941 -1944“ von Dr. Johann Böhm folgt den Bänden „Die Deutschen in Rumänien und die Weimarer Republik 1918-1933“ (Erscheinungsjahr 1993) und „Die Deutschen in Rumänien und das Dritte Reich 1933-1944“ (1999) desselben Autors. Der 1929 in Botsch/Batos geborene Historiker und Politikwissenschaftler ist Mitbegründer des „Arbeitkreises für Geschichte und Kultur in Ostmittel- und Südosteuropa e.V.“ und seit 2006 Träger der Verdienstmedaille des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland. Dr. Böhm stellte diesen Band der KR-Redaktionsbibliothek zur Verfügung, eine exhaustive Dokumentationsmöglichkeit über ein problematisches Kapitel in der Geschichte der Rumäniendeutschen.
Wie im Titel bereits genannt, geht es in diesem Band um eine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus und deren Vertreter, vor allem in den Reihen der Siebenbürger Sachsen und Banater Schwaben, die in der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP) der Deutschen Volksgruppe in Rumänien (DVgR) organisiert waren. Die Art und Weise wie die Nazifunktionäre die Gleichschaltung der deutschen Minderheit versucht und leider in sehr großem Maße auch durchgesetzt haben, wird mit den Schwerpunkten Evangelische Kirche A.B. in Rumänien und Schulwesen der deutschen Minderheit ausführlich beschrieben, wobei auf ein reiches Quellenmaterial verwiesen wird, von dem wichtige Dokumente (Abkommen, Zeittafeln, amtliche Korrespondenz u.a.) im Anhang veröffentlicht werden.
Aufgedeckt werden der Missbrauch durch die Nazis von Begriffen und Symbolen (von der deutschen Volkszugehörigkeit bis zu Heimat, Einheit, Pflichttreue, Ehre, Opferbereitschaft), der Einsatz von Propagandamethoden und einem totalitären System charakteristischen Druckmittel (wobei genügend Parallelen zur kommunistischen Diktatur auftauchen). Die Folgen waren verheerend: „Diese Deutschen, die mit einer bewundernswerten Hingabe große Opfer zu Gunsten eines verbrecherischen Systems brachten, verloren letztendlich nicht nur Hab und Gut, sondern auch ihre Heimat“, bemerkt Dr. Böhm im Vorwort – eine Schlussfolgerung die wohl auch heute nicht alle ohne Einschränkungen teilen.
Nachdenklich stimmen die Betrachtungen des Autors über die Stufen des Widerstandes gegen die nationalsozialistische Machtausübung. Im Unterkapitel „Bischofsvikar Friedrich Müller als Widerständler?“beschreibt Johann Böhm vier Abstufungen des Widerstandes gemäß dem dabei eingegangenen Risiko-Kriterium: 1- punktuelle Unzufriedenheiten, 2- Resistenz, Nicht-Anpassung und Selbstbewahrung, 3.- öffentlicher Protest und 4. aktiver Widerstand. Diese letzte Form des organisierten Widerstands war im deutschen Siedlungsgebiet Rumäniens nicht vertreten – es gab keine Untergrundorganisation deren Mitglieder im Kampf mit dem faschistischen Regime ihr Leben aufs Spiel setzten.
Der Band geht in weiteren Kapiteln ein auf den Krieg gegen die Sowjetunion, auf die Einberufung der wehrpflichtigen Rumäniendeutschen zur Waffen-SS sowie auf die Judenfrage und die politische Lage des Landes von Ende 1943 bis zum 23. August.
Der in unser Redaktion vorliegende Band ist auch aus strikt Kronstädter Sicht interessant weil ab 1940 in Kronstadt die DVgR-Führung ihren Sitz hatte, weil in Kronstadt eine Nebenstelle der Waffen-SS funktionierte und weil Ende August 1944 eine spärlich bewaffnete „Kompanie Kronstadt“ gegründet wurde als (letztendlich hoffnungs- und sinnlose) Alternative zu einem Rückzug vor den sowjetischen und rumänischen Truppen.
Ralf Sudrigian
Die Kronstädter Wochenschrift "Karpatenrundschau" erscheint als Beilage in der "Allgemeinen Deutschen Zeitung für Rumänien".
Herausgeber: Demokratisches Forum der Deutschen im Kreis Kronstadt
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