Von „Cron" zu „Cronenstadt"
24.06.10
Kronstadt in Urkunden des 14. und 15. Jahrhunderts
Als Beiträge zur heurigen 775-Jahrfeier seit der ersten urkundlichen Erwähnung von Kronstadt haben wir in KR Nr. 6/2010 über die erste schriftliche Nachricht über „Corona" aus dem Jahre 1235 berichtet und in KR Nr. 10/2010 die Urkunden des 13. und 14. Jahrhunderts über das Burzenland und Kronstadt vorgestellt. Dabei hatten wir festgestellt, daß die Bezeichnung Brasso im Jahre 1336 eindeutig für das Burzenland gebraucht wurde: „Michael decanus de Brasso necnon plebanus de Corona"
Derselbe Mann wird 1342 als „Michael plebanus de Corona necnon decanus in Wrcia" erwähnt.
Die Urkunden aus den folgenden Jahrzehnten bestätigen diesen Gebrauch.
Im März 1344 bezeichnet König Ludwig I. „unsere Burg Holtuen = Heldenburg in Brasso an den Grenzen des Reiches" gelegen. Als der König selbst Mitte Juni 1344 mit seinem Heer im Burzenland weilte, um gegen die eingefallenen Tataren zu kämpfen, stellte er eine Urkunde „auf unserem Feldzug neben der Stadt Brassow" aus, wobei Brassow auch als Gebietsnamen betrachtet werden kann.
In Urkunden des Jahres 1351 wird der Gerichtsstuhl „Brassa" sowie ein „Comes de Braschaw" genannt, die sich beide auf das Burzenland beziehen.
Das älteste bekannte Siegel des Kronstädter Komitates - erhalten auf einer Urkunde von 1353 - hat die Umschrift: „S(igillum) Comitatus de Braschow".
Als König Ludwig I. im Jahre 1358 ein Handelsprivilegium für einen Teil der Walachei ausstellte, tat er das für „den Richter, die Geschwornen und alle Bürger und Gäste von Brasso", wobei sich „Brasso" möglicherweise nur auf die Stadt Kronstadt bezog.
Aus einer Urkunde von 1360 erfahren wir von von einem früheren Richter der Stadt Brassou namens Nicolaus, Sohn des Paulus, der eine Mühle am Fluß Brassou und zwei Mühlen am Fluß Themes besaß. Hier ist Brassou wieder ausdrücklich für die Stadt Kronstadt gebraucht.
Aus dem Jahre 1369 stammt die älteste Urkunde in altslawischer Sprache, die vom bulgarischen Zaren Sracimir ausgestellt wurde und die Namensform „Braschew" für Kronstadt verwendet.
Im Handelsprivilegium des Fürsten der Walachei Mircea des Alten für die Kronstädter aus dem Jahre 1413 wird in der slawischen Fassung der Ausdruck „Braschow" gebraucht, in der lateinischen Fassung steht „Brassov".
In einem späteren Handelsprivilegium des Fürsten Radu Prasnaglava von 1421 kommt wieder die slawische Bezeichnung „Braschew" vor, die Kronstädter als solche werden „Braschoweani" genannt.
Auf den lateinischen Sprachgebrauch zurückkommend stellen wir fest, daß im Jahre 1380 „civitas et provincia Brassow" eine Urkunde ausstellen und mit einem Siegel bekräftigen, das die Umschrift hat: „S(igillum) civium et provincialium de Brascho".
Hier werden also sowohl die Stadt als auch das Burzenland mit „Brascho" bezeichnet.
Das älteste bekannte Kronstädter Stadtsiegel, das auf einer Urkunde von 1396 erhalten geblieben ist, hat die Umschrift: „S (igillum) Civium de Corona Civi(tate), auf dem späteren Stadtsiegel aus dem Jahre 1507 jedoch steht: „S(igillum) civitatis Braschouiensis"
In einer Urkunde des Papstes Bonifatius IX. aus dem Jahre 1399 finden wir den Ausdruck „Corona vulgariter Brascho" (Corona, volkstümlich Brascho genannt).
Die „Geburtsurkunde" des Kronstädter Rathauses aus dem Jahre 1420 erwähnt die „civitas Braschoviensis" und das älteste Statut der Kronstädter Kürschnerzunft aus dem Jahre 1424 die „civitas Corona".
Von dem lateinischen Mühlenprivilegium des ungarischen Königs Sigismund von Luxemburg aus dem Jahre 1427 gibt es eine sprachlich sehr interessante zeitgenössische deutsche Übersetzung. Hier ist von „vnser Stat Brasso" die Rede, und als Ausstellungsort wird angegeben „Gegeben czu der Brasso ader in Cronen", während im lateinischen Original nur „Datum Brassouiae" steht. Hier haben wir also erstmals den deutschen Ortsnamen in der heute noch in der siebenbürgisch-sächsischen Mundart üblichen Form „Kronen".
Friedrich Müller zitiert in seinen „Deutschen Sprachdenkmälern aus Siebenbürgen" (1864) - und nach ihm das „Siebenbürgisch-sächsische Wörterbuch", Fünfter Band K, Bukarest - Berlin 1975, S. 366 - eine Urkunde König Sigismunds aus dem Jahre 1427 „Geben zu Cron im Wurtzland den nechsten Montag nach v(nser) l(ieben) Frawentag Visitationis", nach dem „Codex Diplomaticus Hungariae" von Georg Fejér, X, 6, 852. König Sigismund weilte von Dezember 1426 bis Juli 1427 in Kronstadt und Umgebung.
Der Montag nach Mariä Heimsuchung (2. Juli) war der 7. Juli 1427 und König Sigismund befand sich am 5. und 6. Juli in Rosenau, am 8. Juli bei Törzburg.
Die Urkunde vom 7. Juli 1427 war gerichtet an „Unsern und des Reiches lieben Getreuen, den Burgermeister und Räte zu Frankfurt (am Main)". König Sigismund hatte also in seinem Gefolge auch einen „deutschen Schreiber", der für seine „deutschen Lande" deutschprachige Urkunden schrieb und dabei die deutsche Namensform des Aufenthaltsortes des Königs verwendete. Diese deutsche Urkunde des Königs Sigismund von 1427 befand sich um 1841 im Archiv der Stadt Frankfurt am Main, und wenn sie von dort seither nicht in Verlust geraten ist, sollte man sie auch heute noch dort finden können.
Aus dem Jahre 1429 kennen wir drei Urkunden über Kronstadt.
Die erste wurde vom Papst Martin V. für den Kleriker Caspar Rapolt de Corona ausgestellt.
Die zweite Urkunde ist ein Ablaß desselben Papstes für einen gewissen Nicolaus Reber de Cronenstadt und enthält die erste Erwähnung des erweiterten deutschen Ortsnamens Kronstadt. Aus dem folgenden halben Jahrhundert ist jedoch keine weitere Urkunde mit dieser Namensform erhalten geblieben.
Die dritte Urkunde wurde am 28. Mai 1429 vom Kronstädter Stadtrat in deutscher Sprache ausgestellt und ist - abgesehen von den deutschen Artikeln im sonst lateinisch abgefaßten Statut der Kronstädter Kürschnerzunft von 1424 - die älteste erhalten gebliebene in Kronstadt von der Ortsbehörde in deutscher Sprache verfaßte Urkunde.
Ihr Wortlauf beginnt:
„Mir Richter vnd gesworne Purger der Stat Brasso" und endet: „Geben czu Brasso" und ist gerichtet an den Stadtrat von „Schespurg". Warum hier in einer deutschen Urkunde der ungarische Ortsname für Kronstadt sogar von der Stadtbehörde selber verwendet wurde, ist nicht klar.
In der folgenden Zeit verwendet 1432 der siebenbürgische Wojwode die Namensform „Brassovia" und der Moldauer Fürst Stefan II. im Jahre 1434 die Schreibweise „Brassowya".
In einer lateinischen Urkunde des Kronstädter Rates vom 16. Oktober 1434 heißt es:
„Nos iudex iuratique cives civitatis Brassoviae" (Wir Richter und geschworene Bürger der Stadt Kronstadt).
Im Jahre 1435 verwendet der König Sigismund von Luxemburg mehrmals nur die Form „Brassovia", ebenso der Szeklergraf. Aber am 7. Dezember 1435 schreiben Richter und Rat von Mediasch an den Rat der „civitas Coronae".
Wir erwähnen noch, daß - genau hundert Jahre seit dem oben erwähnten „Michael decanus de Brasso necnon plebanus de Corona" von 1336, der Burzenländer Dechant in einer Urkunde von 1436 „decanus Brassoviensis" genannt wird.
Der öffentliche Notar Urbanus Petri verwendet in einer Urkunde von 1437 für Kronstadt die Namensform „Corona".
Damit hätten wir den Gebrauch der Ortsnamen für Kronstadt in den beiden Jahrhunderten seit der ersten urkundlichen Erwähnung im Jahre 1235 vorgestellt.
Gernot Nussbächer
Die Kronstädter Wochenschrift "Karpatenrundschau" erscheint als Beilage in der "Allgemeinen Deutschen Zeitung für Rumänien".
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