Vor 50 Jahren
13.10.23
„Mut zum Weglassen“ beim Verfassen des Lehrprogramms
Das Schuljahr 1973/74 begann mit einigen Neuigkeiten auf die in der KR 37 vom 14. September eingegangen wird. Beschlossen wurde, dass in der Grundschule niemand das Schuljahr wiederholen soll, dass es also keine „Repetenten“ gibt. Außerdem sollten alle Achtklässler in die erste Lyzeumsstufe (Klassen IX und X) aufgenommen werden. Erst nach der X. Klasse folgte eine Aufnahmeprüfung für die zweite Stufe (Klassen XI und XII). Von den Lehrkräften wird erwartet, dass sie Inhalt und Form des Unterrichts an die neuen Forderungen (die „Erhöhten Ansprüche“ wie der Titel des Beitrags lautet) anpassen. So wird eine Revision angesprochen „der bestehenden Unterrichtsprogramme, eine Beseitigung jeder Form des Ballastes der sich im Laufe der Jahre angesammelt und zu einer Überbelastung des Schülers geführt hat.“ Da ist „der Mut zum Weglassen“ gefordert - damals schon als „ein Begriff der modernen Pädagogik“ bezeichnet.
Fünfzig Jahre später bleibt dieses Konzept aktuell, denn auch heute wird geklagt, dass zu viel unterrichtet wird von dem was eigentlich nicht zu einem allgemeinen Unterricht gehören müsste. Und auch von „Routine“ ist im Beitrag die Rede. Das klassische Muster hieß: „Prüfung der Kenntnisse, Vortrag, Festigung und Systematisierung des Vorgetragenen“. Eine aktive Mitgestaltung des Unterrichts durch die Schüler setzt aber modernere Unterrichtsformen und -methoden voraus.
In einem Leserbrief von Else Schneider (Hermannstadt), zwei Wochen später, wird etwas vorgeschlagen, was heute „After-School“ („Nach dem Schulschluss“) heißt. Nach ihrer Meinung müsste es „in jeder Allgemeinschule einen Lernraum geben, in dem sich Schüler, denen die häusliche Überwachung fehlt, versammeln, um dort ihre Hausaufgaben zu machen. Natürlich unter Aufsicht. Wie das konkret zu regeln ist, darüber mögen andere entscheiden.“ In der KR 37 erscheint auch die erste Seite für Schüler der Allgemeinschulen die den Seitentitel „Die kleine KR“ trägt.
Eine Beratung der Deutschlehrer auf Landesebene fand am 20. Oktober in Kronstadt statt. Deutschlehrer Wilfried Bielz vom Honteruslyzeum berichtet darüber in der KR 43 (26. Oktober). Hauptthema war die Gestaltung des neuen Lehrbuchs für Literaturtheorie für die IX. Klasse, wobei die Lehrbuchautoren Michael Markel und Hans Müller tonangebend waren und zu Sachlichkeit und Offenheit aufforderten.
Ein damals neues Unterrichtsfach, Ökologie, und das dazugehörende Lehrbuch stellt Hansgeorg Killyen in der KR 41 (12. Oktober) vor. Killyen war zusammen mit Doz.Dr. Bogdan Stugren Verfasser dieses Buchs und als Lektor am Kronstädter Fortbildungsinstitut für Lehrkräfte tätig.
Für Erwachsene gab es erstmals eine „Vortragsreihe in deutscher Sprache an der Volksuniversität Bra{ov“ beim Kulturpalast (der damalige Name der „Redoute“). Sie hieß „Aus der Kulturgeschichte Siebenbürgens“. Zu diesem Kurs den KR-Redakteur Dr. Michael Kroner leitete, musste man sich vorher einschreiben. In der KR 38 (21. September) heißt es dazu: „Die Vorträge sollen von bekannten Fachleuten unserer heimatkundlichen Forschung bestritten werden. Die Leitung der Volksuniversität hofft mit der Mitarbeit von Dr. habil Carl Göllner, Prof. Dr. Maja Philippi, Dr. Heinz Heltmann, Dr. Adolf Armbruster, Norbert Petri, Hanni Markel, Gernot Nussbächer, Joachim Wittstock, Thomas Nägler, Andreas A. Lillin, Manfred Huber, Hans Barth, Dr. Michael Kroner u.a. rechnen zu können. Die Vorträge finden zweimal monatlich statt.“
Die KR würdigt zum damaligen 475. Geburts-Jubiläum den bekanntesten Sohn Kronstadts – Johannes Honterus. Sein vielfältiges Wirken wird auf den Doppelseiten 8-9 der KR 39 vorgestellt unter dem Titel „Dieser Mann war ein Mann, seinem Vaterland zu dienen“ - ein Zitat das von Hieronymus Ostermeyer stammt. In Kronstadt wurden drei Gedenkausstellungen gezeigt (im Honterus-Lyzeum, in der Westhalle der Schwarzen Kirche und in der Munizipalbibliothek). In der Aula des Honteruslyzeums fand ein wissenschaftliches Symposium statt. Es sprachen der Verdiente Professor Florian Salvan, Dr. habil Carl Göllner, Prof. Dr. Paul Binder, Archivar Gernot Nussbächer. Aus der KR 40 erfahren wir, dass am selben Tag (der genaue Ort wird nicht genannt) der „westdeutsche Ehrengast dieser Veranstaltungen Univ. Prof. Dr. Dr. Harald Zimmermann, Ordinarius für mittelalterliche Geschichte der Universität Saarbrücken, Korrespondierendes Mitglied der Österreichischen Akademie und Ordentliches Mitglied der Mainzer Akademie“ einen Vortrag über „Honter als Humanist“ hielt. Der deutsche Univ.-Prof. dessen Vorfahren aus Kronstadt (das Haus seiner Urgroßmutter stand in der Neugasse Nr.5) und Hermannstadt stammen, wird von Michael Kroner in der KR 41 vorgestellt, wobei es auch um zukünftige Aufgaben der Honterus-Forschung ging.
Ein anderes rundes Jubiläum wird in der KR 42 (19. Oktober) verzeichnet. 1973 waren am 24. Oktober hundert Jahre seit der Geburt in Heldsdorf von Dr. Wilhelm Depner vergangen. Aus dem Bericht „Die Kranken waren seine Freunde“ gezeichnet mit den Initialen L.R., erfährt der Leser unter anderem, dass Dr. Depner 1912 in Kronstadt ein Sanatorium für Chirurgie, Gynäkologie und Orthopädie gegründet hatte, dass er über 10.000 Operationen ausgeführt hatte oder dass er als erster in Rumänien in seinem Sanatorium die Behandlung des Krebses mit Röntgen- und Radiumstrahlen eingeführt hatte.
Ralf Sudrigian
Die Kronstädter Wochenschrift "Karpatenrundschau" erscheint als Beilage in der "Allgemeinen Deutschen Zeitung für Rumänien".
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