Vor 50 Jahren Jan.-Feb‘ 72
03.03.22
Schülerseiten finden ihren Platz in der KR
„Debüt und Debatte“ heißt die Schülerseite des Kronstädter Honterus-Lyzeum die erstmals am 28. Januar 1972 in der KR Nr. 4 erschien. Dass das „Zu Ehren des 50. Jahrestages des VKJ“ geschah, wobei VKJ für „Verband der kommunistischen Jugend“ steht, war Nebensache. Wichtig war, dass Lyzeumsschüler/innen die Gelegenheit erhielten und wahrnahmen vor die Öffentlichkeit zu treten. „Aller Anfang ist schwer. Unser Anfang ist auch schwer, aber auch gut“, heißt es im Vorspann der Seite. Die Redaktion bestand aus: Ursula Copony, Marianne Filipa{cu (Verantwortliche), Klaus Hensel, Karin Messe, Christian Scherg, Hellmut Seiler, Anita Stotz, Carmen Ursu. Seitens des Lyzeums war Deutschlehrer Wilfried Bielz zuständig; seitens der KR-Redaktion Frieder Schuller. Dieser Anfang konnte wie es im selben Vorspann vermerkt ist, tatsächlich „ein wichtiger Schritt in Richtung spätere Laufbahn” werden, z.B. für den heute in Deutschland lebenden Schriftsteller und Übersetzer Hellmut Seiler. Die erste Schülerseite enthält unter Anderem ein von Dietle Lienert verfasstes und von Christl Dobnig kommentiertes Gedicht sowie eine Umfrage zum Thema Privatlektüre. Zum selben Thema schreibt Ursula Copony einen lustigen Dialog, während Klaus Hensel sich mehrere anregende Fragen stellt: „Welche Bücher liest du, und welche liest du, ohne dass du sie lesen musst? Welche hast du umsonst gelesen?“ Die Initiative scheint auf Interesse gestoßen zu sein, denn in der nächsten KR erscheinen viele kurze Reaktionen zusammengefasst unter dem Titel „Dazu, dafür und dagegen“ wobei kritische und ironische Anmerkungen nicht fehlen. Die Honterusschüler sind in der KR 8 wieder vertreten – es ist der Anfang einer erfolgreichen Mitarbeit in der Kronstädter Wochenschrift. Mit je einer eigenen Schülerseite sind auch Lyzeen aus anderen Städten vertreten: das Lyzeum Nr. 2 aus Hermannstadt mit „Reflector cibiniensis“ (verantwortlicher KR-Redakteur: Richard Adleff), das Lyzeum Nr. 2 aus Schäßburg mit „Wir von der Bergschule“ (verantwortlicher KR-Redakteur: Michael Kroner) und das „Nikolaus-Lenau-Lyzeum“ aus Temeswar mit „Banater Schülerstimmen“ koordiniert seitens des Lehrkörpers von Lyzeumsdirektor Erich Pfaff.
Weniger Interesse dürften die „Konsultation für die VI. Klasse“ genannten Beiträge geweckt haben, die ein noch nicht vorhandenes deutsches Lehrbuch im neu eingeführten Fach „Staatsbürgerliche Erziehung“ (unter Schülern umgangssprachlich Sterz genannt) ersetzen sollte. Die erste KR-Nachhilfe führt den Titel „Sozialistische Einstellung zum Gemeineigentum“.
In der KR 5 kommen unter dem Seitentitel „Texte – Leseproben“ auch zwei Kronstädter Lyrikerinnen, Verona Bratesch und Anemone Latzina, zu Wort zusammen mit Ludwig Schwarz. Zu einer festen Rubrik wird die TV-Chronik die der deutsche Sendung des Rumänischen Staatsfernsehens TVR gewidmet ist; eine Sendung deren Sendezeit von 60 auf 105 Minuten verlängert wurden. Für diese Rubrik zeichnen in den ersten beiden Monaten des Jahres 1972 Michael Kroner, Elisabeth Axmann, Hedda Gaber und Heidemarie Bielz. Dabei wird auch mit Kritik nicht gespart. Michael Kroner meint zum Beispiel: „Es genügt nicht, dass man etwas Interessantes zeigt, sondern ausschlaggebend ist vor allem, wie man es dem Zuschauer vorführt. Man hat den Eindruck, dass bei Aufnahmen außerhalb des Studios nicht die notwendige Geduld und Muße aufgebracht wird, dass man sich beeilt, um rasch wieder in die Hauptstadt zu kommen.“
Für Konkurrenz zum Fernsehen (damals mit einem einzigen Programm das ab 1. Februar bereits um 9.00 Uhr begann!) sorgte das Kinoprogramm. Ein Welterfolg, „Love Story“, wird vom KR-Filmchronist Frieder Schuller launisch kommentiert („Love Story“ - sorry oder: Eine saubere Ungerechtigkeit am Leben). Es geht um Kitsch und um Distanz zum tränenreichen Melodram. Schullers Schlussfolgerung und Aufruf: „Darum geht hin und weinet aber nicht. Ein herrlich gedrehter Streifen, kesse Gesichter, man küsst und schwatzt um Fragestelltungen herum.Reichtum ist vorhanden, aber nur zum Anschauen, Armut gibt es auch und dazu noch pittoresk. Ein durchschnittlicher Mensch namens Erich Segal schrieb ein vielträniges Buch ‚Love Story‘, ein überdurchschnittlicher Regisseur namens Arthur Hiller verfilmte das Zeug, zwei ungewöhnlich schöne Menschen namens Ali Mac Graw und Ryan O‘Neal stellten sich vor die Kamera und eine schlechte Menge, namens Publikum, honoriert das Geschäft mit Millionen.“
Ralf Sudrigian
Die Kronstädter Wochenschrift "Karpatenrundschau" erscheint als Beilage in der "Allgemeinen Deutschen Zeitung für Rumänien".
Herausgeber: Demokratisches Forum der Deutschen im Kreis Kronstadt
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Schriftleiter: Elise Wilk.
Redaktuere:Ralf Sudrigian, Hans Butmaloiu, Christine Chiriac (Redakteurin, 2009-2014), Dieter Drotleff (Redaktionsleiter 1989 - 2007)
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