„Wir versuchen, ein Gleichgewicht wiederherzustellen“
21.01.10
Gespräch mit Attila Kovács, stellvertretender Vorsitzender des Kronstädter Kreisrates
Nach den Lokalwahlen 2008 stellt die Kronstädter Filiale des Ungarnverbandes (UDMR) einen der zwei stellvertretenden Vorsitzenden des Kreisrates. Für dieses Amt verzichtete Attila Kovács auf die letzten Monate seines Abgeordnetenmandats 2004-2008 das er als UDMR-Kandidat erzielt hatte. Der 1974 geborene Kronstädter hat in Klausenburg Philosophie studiert. In der Zeitspanne 2000-2004 war Kovács Mitglied des Stadtrates Kronstadt. Er leitet die Kronstädter UDMR-Kreisfiliale und koordiniert auch die Tätigkeit des Amtes für nachhaltige Entwicklung des Kreises Kronstadt (ADDJBv). Im folgenden Gespräch spricht Kovács über Fragen die den Kreis Kronstadt betreffen.
Welches wären die wichtigsten Vorhaben die in diesem Jahr den Kreisrat angehen?
Drei Bereiche würde ich besonders hervorheben: Wir wollen endlich mit den Bauarbeiten am Kronstädter Flughafen beginnen. In diesen Tagen hoffen wir, aus Wien das endgültige OK für die Finanzierung seitens eines Bankenkonsortiums zu erhalten. Zweitens geht es um Wasserbewirtschaftung. Dafür verfügt der Kreisrat über 189 Millionen Euro im Rahmen einer EU-Finanzierung, landesweit die größte solchartige Projektfinanzierung. Und drittens wollen wir einen Masterplan in Sachen Müllentsorgung fertigstellen und umsetzen. Er wird uns helfen, eine 30-Millionen-Euro-Finanzierung zu beantragen die für den Recycling-Bereich gedacht ist. Hinzu kommen Ausbesserungsarbeiten an Krankenhäuser. Leider stehen uns erneut zu wenig Geldmittel für die Ausbesserungen an den Kreis-Straßen zur Verfügung. Wir erhalten bei diesem Kapitel keinen Leu mehr als im Vorjahr, als das Geld schon damals zu knapp bemessen war. Auch im Kulturbereich haben wir die Krise zu spüren bekommen; wir hoffen aber, dass das Geld auch für die Kultur reichen wird – zumal das Ministerium nun von einem kompetenten Mann (Kelemen Hunor, UDMR – Anm. d. Red.) geleitet wird.
Das Geld ist also knapp. Wie stark fallen bei dessen Zuweisung an die Gemeinden politische Kriterien ins Gewicht?
Überall in der Welt geschieht das. Im Kreisrat versuchen wir in dieser Sache korrekt und äquidistant vorzugehen. Dabei berücksichtigen wir mehrere Kriterien. Eines davon ist, auch manche Ungerechtigkeit bei der Zuweisung aus Bukarest von Regierungsgeldern nicht zu übersehen. Dort wird nämlich ausschließlich nach politischen Kriterien entschieden und so kommt es, dass Gelder nur an manche Gemeinden verteilt werden, wo Bürgermeister einer gewissen Partei im Amt sind. Wir versuchen, ein gewisses Gleichgewicht wieder herzustellen. Punktuell betrachtet, könnte diese Geldaufteilung bei der Haushaltsumschichtung als ungerecht erscheinen – aber wenn man das Ganze nicht aus den Augen verliert, so geht es in Ordnung.
Also können Geldmittel direkt an eine Ortschaft von Bukarest aus zugewendet werden, am Kreisrat vorbei.
Genau. Zum Beispiel innerhalb von nationalen Programmen betreffend Ausbesserung von Gemeindewegen oder Trinkwasserzufuhr in den Dörfern. Nicht immer, und dafür gibt es konkrete Zahlenbeispiele, wird dabei berücksichtigt, dass die Ungarn rund 8 Prozent der Landesbevölkerung stellen.
Wie steht es mit den Kreisrat-Initiativen betreffend die touristische Verwertung sächsischer Kirchenburgen?
Es gibt ein diesbezügliches Projekt mit Partnern aus Spanien, über das ich aber nicht viel sagen kann, da es vor meinem Mandat als stellvertretender Kreisratvorsitzender eingeleitet wurde. Gedanken hat man sich auch gemacht, einen Rundweg mit wichtigen historischen Stationen anzulegen, wohin die Kirchenburgen selbstverständlich dazu gehören. Es wurde auch daran gedacht, Kronstadt und Hermannstadt in Sachen Tourismus näher zusammen zu bringen. Für das „Repser Ländchen“ (Rupea, Cohalm) eine Region die leider oft vernachlässigt wird, gibt es eine Zusammenarbeit auch im Bereich Tourismus, mit Partnern aus Brandenburg.
Wie beurteilen Sie die gespannten Beziehungen zwischen Kreisrat und Bürgermeisteramt Kronstadt, zwischen den Personen die diesen Behörden vorstehen?
Dieser Konflikt müsste beendet werden, denn es geht auch um Projekte deren erfolgreiche Verwirklichung eine gute Zusammenarbeit dieser Institutionen voraussetzt.
Für wen wird 2010 ein schwierigeres Jahr werden?
Ich hoffe, dass das neue Jahr nicht gerade so schwierig sein wird. Wir behandeln die Bevölkerung als Gesamtheit und können es nicht akzeptieren, dass die Kosten einer Krisenbewältigung auf bestimmte soziale oder berufliche Kategorien (z.B. Rentner oder Lehrkräfte) abgewälzt werden. Und hoffentlich lassen sich auch die Regierungs-Geldmittel finden, um die gegenwärtigen Schwierigkeiten zu überwinden.
Vielen Dank für dieses Gespräch!
Die Fragen stellte
Ralf Sudrigian
Attila Kovacs – UDMR-Vorsitzender im Kreis Kronstadt und stellvertretender Kreisratvoritzender
Foto: Ralf Sudrigian
Die Kronstädter Wochenschrift "Karpatenrundschau" erscheint als Beilage in der "Allgemeinen Deutschen Zeitung für Rumänien".
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