APOLLONIA-HIRSCHER-PREISVERLEIHUNG 1998
Berufen, dem Leben zu dienen
Laudatio auf Christa Hellmann, die Trägerin des Apollonia-Hirscher-Preises für das Jahr 1998/Von Dr.-Ing. Dieter Simon, Vorsitzendem des Demokratischen Forums der Deutschen im Kreis Kronstadt
Es gibt Menschen, denen das Schicksal ein Wirken auf der Bühne des Lebens zugedacht hat, deren Aktionen und Worte offenkundige Wirkungen zeitigen, und es gibt das Gegenteil: Menschen mit vergleichbarer Leistung, die im Verborgenen wirken und die das große Publikum nicht kennt. Man trifft sie kaum in Versammlungen und sieht sie auch nicht im Fernsehen. Zu ihnen kommt man unter dem Zeichen der Not, zu Gesprächen unter vier Augen und weiß, man wird angehört, angenommen und nicht mit leeren Händen weggeschickt.
Die Jahre 1945-1989, die ein öffentliches Wirken nur unter bestimmten Vorzeichen zugelassen haben, waren so recht geeignet, stilles Wirken zu fördern. Der Rahmen, der sich zu solchem Wirken bot, war hier in Siebenbürgen die Evangelische Kirche. Angefochten und bedrängt, war auch ihr ein Strahlen nach außen verwehrt; im Wesentlichen intakt blieb dagegen unter ihrem Dach bei den meisten Verantwortungsträgern und Gliedern der Geist der Verantwortung füreinander.
Vor diesem Hintergrund erkennen die Stifter des Apollonia-Hirscher-Preises, Kronstädter hier und in Deutschland, verbunden in gemeinsamer Sorge um unsere Gemeinschaft, die stillen Stifter von Gemeinsamkeit, Vertrauen und innerem Zusammenhalt als Symbole dessen, was uns in Siebenbürgen, in Europa, in der Welt nottut.
In diesem Sinne, der Verantwortung für den Nächsten, hat Frau Christa Hellmann, die diesjährige Preisträgerin, ihren Dienst beim Staat aufgegeben und wurde Angestellte der Kirche. Ob ihr von Anfang an klar war, welch weites und schwer zu bestellendes Feld sich ihr darbot, weiß wohl nur sie selber. Was wir dagegen wissen, ist, dass sie immer tiefer in die Verantwortung hineinwuchs und in zehn Jahren die Grenze zwischen Beruf und Leben sich immer mehr verwischte. Man könnte sagen: Frau Hellmann lebt ihren Beruf und wurde berufen, dem Leben zu dienen. Nach der Wende wurde ihr Wirkungsfeld breiter, sie betreut hauptberuflich nicht nur Glaubensgenossen, sondern im weitesten Sinne die Mitglieder unseres „Forums“, und das schon Jahre über das Rentenalter hinaus. Was wesentlich ist, ist allerdings nicht die gewissenhafte Erfüllung der Dienstpflichten, die Ruhe, die es um ihre Person gab und gibt, sondern was sie in ungezählten Freizeitaktionen unseren Alten, Kranken und Bedürftigen tat und tut.
Es ist im gewissen Sinne ein Paradoxon, das, was in der Stille geschah, nun laut zu preisen, und ich weiß, dass dieses nicht im Sinne der Preisträgerin ist. Sie möge es uns nachsehen und erwägen, dass jede Gemeinschaft erkennen muss, was sie wirklich braucht, und dass dieses gelegentlich im weiteren Kreise ausgesprochen werden sollte.
Wir wünschen der Preisträgerin Kraft zu ihrer Tätigkeit und bitten Sie, den Preis entgegenzunehmen.
19. Februar 1999
(Karpatenrundschau, 6. März 1999)
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