Apollonia-Hirscher-Preisverleihung 2007
In das Goldene Buch der rumänischen Archivistik aufgenommen
Laudatio auf Gernot Nussbächer, den Träger des Apollonia-Hirscher-Preises für das Jahr 2007
Fast 40 Jahre hat Gernot Nussbächer als Archivar im Rahmen der Kronstädter Kreis-Direktion der Staatsarchive – jetzt Nationalarchive – gearbeitet. Einer der Generaldirektoren der Zentrale dieser Institution in Bukarest, Prof. Dr. Mihai Lungu, betonte in dem Band „In honorem Gernot Nussbächer“ anerkennend: „Unserer Institution, dem Nationalarchiv, wurde vergönnt, dass sie außer den unschätzbaren Werten, die sie beherbergt, auch Menschen von großem Wert zu ihren Mitarbeitern zählen kann... Einer dieser Fachleute ist Gernot Nussbächer, der in das Goldene Buch der rumänischen Archivistik schon aufgenommen wurde und darin bleiben wird. Davon sind wir überzeugt.“ Diese Meinung kann man nur voll unterstützen und teilen.
Für seine bleibenden Verdienste auf dem Gebiet der Honterus-Forschung wurde ihm 1998 der Georg-Dehio-Preis von der Esslinger Künstlergilde verliehen. Im Jahre 2002 wurde Gernot Nussbächer vom Kronstädter Kreisrat dann das „Ehrendiplom“ als Anerkennung seiner vielseitigen Verdienste verliehen. Eine besondere Ehrung wurde dem Archivar und Historiker anlässlich seines 65. Geburtstages zuteil, als unter der Schirmherrschaft des Kronstädter Kreisrates und der Kreisbibliothek „George Bariţiu“ der Band „In honorem Gernot Nussbächer“ von einem Teil seiner Mitarbeiter herausgebracht wurde, die auch auf diese Art ihre Wertschätzung ihrem „Meister“ gegenüber bekunden wollten. Der Band, der im Foton Verlag 2004 erschienen ist, umfasst über 500 Seiten und ist das Ergebnis der Zusammenarbeit namhafter Historiker, deren Beiträge darin veröffentlicht wurden. Der Geehrte blieb aber weiterhin so, wie er in seinem bisherigen ganzen Leben gewesen war und es ihn kennzeichnete, bescheiden, doch immer bereit, die wahrheitsgetreuen historischen Daten und Fakten zu verteidigen, wenn andere Forscher diese entstellten.
Heute ist nun der Anlass gekommen, um Gernot Nussbächer auch seitens der Kronstädter sächsischen Gemeinschaft, in der er geboren und aufgewachsen ist, gewirkt hat und wirkt, durch die Verleihung des Apollonia-Hirscher-Preises zu ehren. Zugesprochen wurde ihm dieser Preis von dem Kronstädter Ortsforum und den Heimatortsgemeinschaften Kronstadt und Bartholomae in Deutschland. Dieser Preis, der den Namen einer der bedeutendsten Persönlichkeiten aus der Geschichte des Mittelalters in Kronstadt trägt und über die unser heutiger Preisträger in den Archiven nachgeforscht und geschrieben hat, wird nun für besondere Verdienste an der Gemeinschaft zum neunten Mal verliehen.
Auch für den Verfasser dieser Laudatio im Namen des Vorstandes des Kronstädter Ortsforums ist es eine Ehre, auf Wunsch des Preisträgers diese verfasst haben zu dürfen. Eine langjährige Zusammenarbeit bindet uns, freundschaftliche Beziehungen haben diese gefestigt. Gernot Nussbächer zählt zu den namhaftesten Mitarbeitern der „Karpatenrundschau“ und ihrer Vorgängerin, der „Volkszeitung“, Publikationen, die die Heimatkunde immer in den Vordergrund gestellt haben und in denen Gernot Nussbächer viele seiner wichtigsten Forschungsergebnisse veröffentlicht hat. Anderseits erschienen in diesen Publikationen wie auch in den anderen deutschsprachigen Blättern unseres Landes immer wieder Interviews mit dem geschätzten Historiker, Rezensionen zu seinen erschienenen Büchern wurden veröffentlicht. Viele rumänische und ungarischsprachige Publikationen haben das Gleiche getan und Materialien von Gernot Nussbächer immer wieder veröffentlicht. Rückblickend gibt es nur sehr wenige südsiebenbürgisch-sächsische Ortschaften, die nicht Gegenstand seiner Archivforschungen waren. Erst nach eingehenden Analysen veröffentlichte er dann Beiträge, die sich auf erste urkundlichen Erwähnungen, auf den sozialen und wirtschaftlichen Aufschwung, auf Entwicklung der Kultur, Bau der Wehranlagen und Kirchen, demographische Entwicklung u.a. bezogen.
Geboren wurde Gernot Nussbächer am 22. August 1939 in Kronstadt, in der Burggasse Nr. 120. Nach Besuch der Honterusschule widmete er sich von 1956 bis 1961 dem Studium der Geschichte an der Universität von Klausenburg. Wie er sich der Geschichte zuwendete, entnehmen wir einem Interview, das er der „Karpatenrundschau“ anlässlich seines 60. Geburtstages gewährte und aus dem wir zitieren: „Meine Urgroßväter waren Franz Obert (1828–1908) und Friedrich Wilhelm Seraphin (1861–1909), die beide auf historischem Gebiete wirkten... Meine Mutter hätte am liebsten Geschichte studiert. In mein Leben kam die Geschichte durch meinen Lehrer Carl Lang, der uns in der zweiten Volksschulklasse auch im Fach Heimatkunde unterrichtete... Später hatte ich als gute Geschichtsprofessoren Dr. Maja Philippi, Franz Killyen und Rudolf David, die meine historischen Interessen weiter anregten und förderten.“ Ergänzend muss hervorgehoben werden, dass, auch wenn seine Mutter nicht Geschichte studiert hat, Era Nussbächer die Person war, die einen hervorragenden Beitrag zur Restaurierung der orientalischen Teppiche aus der Sammlung der Schwarzen Kirche und anderer Kirchen aus Siebenbürgen erbracht hat. Auch sie wurde mit der Verleihung des Apollonia-Hirscher-Preises geehrt.
Nach Abschluss des Hochschulstudiums war Gernot Nussbächer für kurze Zeit als Archivar in Klausenburg tätig. Anschließend wurde er an das Kronstädter Staatsarchiv versetzt, an dem er bis 1986 wirkte. Trotz bester beruflicher Einschätzungen wurde er wegen seinen im Ausland lebenden Verwandten – der Bruder, der Zahnarzt ist, war in die Schweiz umgesiedelt – zwangsweise an die Kreisbibliothek versetzt. Eine solche Maßnahme war erforderlich, da das Staatsarchiv dem Innenministerium untergeordnet worden war. Im Frühjahr vor der Wende 1989 wurde Gernot Nussbächer Bezirksanwalt beim Kronstädter evangelischen Bezirkskonsistorium. Im März 1990 konnte er wieder an seinen alten Arbeitsplatz als Hauptarchivar im Staatsarchiv zurückkehren und wurde später zum Archivexperten ernannt. Zahlreiche jüngere Kollegen hat er während seiner beruflichen Laufbahn in die Archivtätigkeit und Paläographie eingeführt. Nach Antritt des Rentenstandes wurde er am Mureşenilor-Gedenkhausmuseum angestellt, wo er sich ebenfalls der Archivforschung widmete. Seine vielseitigen Sprachkenntnisse, vor allem auch die lateinischen und ungarischen, ermöglichten es ihm, die Urkunden aus dem Mittelalter zu übersetzen und zugänglich zu machen sowie zu deuten. Die nach der Wende unternommenen Auslandsreisen, die in wichtigen Archiven und Bibliotheken dabei vorgenommenen Forschungen ermöglichten es ihm, neue Dokumente über die Geschichte Siebenbürgens und vor allem betreffend die Tätigkeit des Humanisten Johannes Honterus ausfindig zu machen und die diesbezüglichen Forschungen zu ergänzen.
Ihren Niederschlag fand die Forschungstätigkeit von Gernot Nussbächer in zahlreichen Büchern und Broschüren, als Mitverfasser anderer Bücher, als Übersetzer, in Beiträgen in Fachpublikationen und Zeitungen. Seit 1973 sind das 25 Buchtitel, von denen die über das Leben und Wirken von Johannes Honterus, die sechs Bände „Aus Urkunden und Chroniken“, die „Caietele Corona“ besonders zu erwähnen sind. Bei 54 Büchern ist er Mitverfasser und Mitherausgeber, u.a. beim „Urkundenbuch zur Geschichte der Deutschen in Siebenbürgen“ und den „Quellen zur Geschichte der Stadt Kronstadt“. Rückblickend ist es eine beeindruckende Bilanz, die unser Preisträger vorzuweisen hat. Die von Gernot Nussbächer entfaltete Tätigkeit hat somit einen bleibenden Charakter. Die von ihm verfassten Bücher und Studien werden so wie auch die Fakten, denen er nachgegangen ist, in die Geschichte eingehen. Gernot Nussbächer ist längst ein Begriff in der siebenbürgisch-sächsischen Geschichte.
Dieter Drotleff
(im Namen des Vorstandes des Demokratischen Ortsforums der Deutschen, Kronstadt, den 15. April 2008)
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